Welche Rolle spielt die fachliche Prüfung in der Übersetzungsbranche?

29. September 2023
Welche Rolle spielt die fachliche Prüfung in der Übersetzungsbranche?
Raffaela Holzweber, Senior Projektmanagement
Raffaela Holzweber
Senior Projektmanagement

Vielleicht haben Sie uns in Verbindung mit Ihren Übersetzungsprojekten auch schon von der sogenannten fachlichen Prüfung – auch In-Country-Review genannt – sprechen hören? Sie stellt einen wichtigen Teil des Übersetzungsprozesses dar und gibt Ihnen die Möglichkeit, Ihre Fachleute in den Niederlassungen und deren Wissen aktiv einzusetzen, um Ihre Zieltexte langfristig zu optimieren. Mit ihren Kenntnissen über das Zielland, die Sprache und die korrekte Terminologie können Ihre Expert:innen die Übersetzungen im Zuge des In-Country-Reviews optimal abrunden. Wie Sie diese Aufgabe für Ihre Mitarbeitenden attraktiv gestalten und deren Zeitressourcen effizient einsetzen können, erklären wir in diesem Blogartikel.

Diese Themen nehmen wir für Sie unter die Lupe:

Fachliche Prüfung: Was verstehen wir darunter?

Als fachliche Prüfung bezeichnen wir einen Schritt im Übersetzungsprozess, bei dem Fachkundige bei Ihnen die angefertigten Übersetzungen noch einmal überprüfen. Das können zum Beispiel Mitarbeitende aus dem Sales-, Technik- oder Marketingbereich sein sowie externe Copywriter:innen oder Partnerunternehmen, die Ihre Produkte vertreiben. Die In-Country-Review findet dabei direkt im Anschluss an die Übersetzung statt und erfolgt damit noch vor der finalen Lieferung an Sie:

Als fachliche Prüfung bezeichnen wir einen Schritt im Übersetzungsprozess, bei dem Fachkundige bei Ihnen die angefertigten Übersetzungen noch einmal überprüfen

Bei den fachlich Prüfenden handelt es sich oft um Niederlassungsmitarbeitende in den Zielländern, die neben ihren muttersprachlichen Kenntnissen auch ein umfangreiches Wissen über jene Regionen mitbringen, in denen Sie Ihre übersetzten Texte vorwiegend verwenden möchten. Sie sind es auch, die nicht nur Ihre Produkte und Ihre Firmenterminologie kennen, sondern auch wissen, wie Sie Ihr Zielpublikum optimal erreichen können.

Obwohl meist keine Linguist:innen, liefern sie aber durch ihre Expertise wichtige Inputs für die Übersetzungen. Wenn Ihre Expert:innen Änderungen an den Texten vornehmen, schicken wir diese auch noch zu einer letzten Gegenprüfung an die Übersetzenden zurück (= Cross Check). Diese stellen sicher, dass die Änderungen nicht der vorgegebenen Terminologie widersprechen und dass keine Rechtschreib-, Grammatik- oder Interpunktionsfehler eingebaut wurden. Von den Übersetzenden erhalten wir dann auch die finale Version, die wir schließlich an Sie liefern.

Wie läuft die In-Country-Review konkret ab?

Im Übersetzungsprozess kann die fachliche Prüfung auf unterschiedliche Arten stattfinden. Bei Eurocom setzen wir häufig die von unserer Mutterfirma Kaleidoscope entwickelte Software Globalreview ein. Dabei handelt es sich um eine webbasierte Plattform, auf die wir die fertigen Übersetzungen direkt aus der Übersetzungssoftware hochladen. Wir stellen auch eine Verbindung zur Termbank her und weisen die Übersetzungen anschließend direkt an Ihre Prüfenden zu. Diese können ihre Korrekturen dann einfach direkt online einarbeiten, die durchgeführten Änderungen in Kategorien einteilen, Kommentare hinterlassen sowie abschließend die Übersetzungsqualität bewerten. Der Vorteil bei der Arbeit mit Globalreview ist, dass wir die Änderungen zügig und unkompliziert ins Translation Memory übernehmen und speichern können.

Die fachliche Prüfung erfolgt bei Eurocom meistens mit der Software Globalreview, einer webbasierten Plattform, auf die wir die fertigen Übersetzungen direkt aus der Übersetzungssoftware hochladen. Das bringt viele Vorteile!

Alternativ können die Prüfenden die In-Country-Review auch ohne eine zusätzliche Software abwickeln. Dazu bietet sich beispielsweise eine bilinguale Review-Datei im Word-Format an, die sich aus einer Übersetzungssoftware exportieren lässt. Die Reviewenden können die Anpassungen dann mit "Änderungen nachverfolgen" in der zielsprachlichen Spalte vornehmen. Der Workflow gestaltet sich jedoch etwas komplizierter als in einer webbasierten Software. Denn wenn die Prüfenden mit den Anweisungen nicht vertraut sind, kann es zu Problemen beim Rückimport sowie zu Zeitverzögerungen und extra Kosten kommen. Hier müssen sie sich also besonders an die spezifischen Vorgaben halten, damit wir die Änderungen anschließend auch in die Übersetzung und das Translation Memory einspielen können.

Grundsätzlich ist die fachliche Prüfung auch mit Kommentaren direkt in der Zieldatei möglich, z.B. im PDF-Format. Die Prüfenden hinterlassen aber Kommentare unterschiedlicher Natur, die nicht immer an die Übersetzenden gerichtet sind. Manchmal betreffen die Änderungen auch das Layout der Datei und müssen im Nachgang von der Grafikabteilung im Feinlayout manuell eingearbeitet werden. Die Personen, die am Projekt beteiligt sind, können sich also einerseits schwer einen Überblick über die Kommentare verschaffen, andererseits benötigen sie je nach Anzahl an Änderungen entsprechend Zeit, um alle Korrekturen manuell in den Übersetzungen einzuarbeiten, was durchaus auch Fehler nach sich ziehen kann.

Weiters erschwert diese Vorgehensweise auch das Einspielen der finalen Kommentare in das Translation Memory, da alle freigegebenen Änderungen erneut manuell in das System übertragen werden müssen und die Übertragung wiederum fehleranfällig sein kann. Aus den genannten Gründen raten wir daher von dem Workflow, direkt in der Zieldatei zu arbeiten, eher ab, da dieser neben der Fehleranfälligkeit und manuellen Arbeit auch mit höheren Kosten und einem Zeitverlust verbunden ist.

Was sind die Vorteile und Herausforderungen der fachlichen Prüfung?

Vorteile

  • Die Prüfenden verfügen über Fachwissen, Firmen- sowie Produktterminologie und sind Muttersprachler:innen
  • Sie wissen, was die Zielgruppe anspricht und welche Formulierungen im Zielland gut funktionieren
  • Sie unterstützen bei der Pflege der Fachterminologie (neue Begriffe, Feedback usw.)
  • Effizienzsteigerung:
    Sie müssen die Texte nicht neu übersetzen, sondern es fehlt nur mehr der letzte Feinschliff
  • Gute Synergie zwischen den Prüfenden und Übersetzenden > Vertrauen baut sich auf und Übersetzende können aus den Review-Änderungen für zukünftige Übersetzungen lernen
  • Qualitätssteigerung der Übersetzung dank Review und Cross Check
  • Aufteilung der Review-Aufgaben unter Kolleg:innen je nach Verfügbarkeit, falls weitere Prüfende nominiert werden
  • Bei Verwendung einer Software:
    • Direkter Zugriff auf Ausgangstext und Termbank während des Reviews
    • Schnelle und leichte Einspielung der Änderungen ins Translation Memory

Nachteile

  • Sie sind keine Linguist:innen
  • Ihre Rolle als Reviewende ist oft nicht klar, mitunter fehlen konkrete Vorgaben
  • Oft wird nach "Laune" korrigiert. Die Texte werden teilweise stark umgeschrieben
  • Es werden neue Teile hinzugefügt bzw. wichtige Informationen werden gelöscht
  • Es herrscht keine terminologische Konsistenz
  • Enge Deadlines, die nicht eingehalten werden können
  • Das Review ist eine Nebentätigkeit
  • Initiale Zeitinvestition, um die Verbindung aufzubauen, u.a. durch Softwareeinschulungen, Meetings mit Übersetzenden usw.
  • Es können Mehrkosten und Zeitverzögerungen entstehen
  • Mangelnde Zeit führt zum Überfliegen der Texte und somit zu keiner ausreichenden Qualitätskontrolle
  • Die Korrekturen können sehr subjektiv sein und je nach Profilbild variieren
  • Die Übersetzung wird ohne Bilder (im Rohlayout) und nicht immer im Layout angezeigt

Fachliche Prüfung und Übersetzungsqualität: Wie die In-Country-Review zur Optimierung der Qualität beiträgt

Damit wir mit der fachlichen Prüfung die beabsichtigte Qualitätssteigerung erreichen können, gibt es einige entscheidende Faktoren zu berücksichtigen. Grundsätzlich gilt: Je mehr Einblick die Reviewenden in ihre Rolle und Aufgaben bekommen, desto effizienter können sie die In-Country-Review abwickeln. Darüber hinaus kann auch ein definierter Review-Workflow dazu beitragen, die Qualität der Übersetzungen zu erhöhen.

Das Hauptaugenmerk der Prüfenden sollte bei der Review darauf liegen, die Übersetzung auf die firmenspezifische Terminologie sowie fachsprachliche und technische Richtigkeit zu prüfen. Ihre Aufgabe ist es nicht, den Stil oder Inhalt des Textes zu verändern (= Copywriting) und die Texte neu bzw. umzuschreiben. Denn das würde zusätzliche Kosten und längere Korrekturschleifen verursachen.

Sollten die Reviewenden auch inhaltliche Änderungen vornehmen wollen, dann ist zuerst eine Absprache mit der Zentrale notwendig. Denn die Übersetzenden erstellen ihre Übersetzungen immer auf Basis des Ausgangstexts und können keine Informationen hinzufügen oder löschen. Passen Ausgangs- und Zieltext nicht mehr zusammen, gelangen folglich auch unsaubere Segmente in das Translation Memory, die die Übersetzenden dann nicht mehr für zukünftige Projekte verwenden können.

Die Prüfenden nehmen die Änderungen an den Texten immer unter Berücksichtigung des Zielpublikums und der existierenden Terminologie vor. Deswegen achten wir auch darauf, dass alle vorhandenen Referenz-Dateien, Screenshots der Bedienpanele, Bilder oder Terminologiereferenzen, wie z.B. Termbanken, zur Verfügung stehen. Das vereinfacht nicht nur das Einhalten der Terminologie, sondern sorgt auch dafür, dass die Übersetzungen terminologisch konsistent zu bereits bestehenden Texten sind. Die Review bezieht sich aber nicht immer nur auf den Zieltext, denn auch Feedback zum Ausgangstext bzw. das Ausweisen etwaiger technischer Ungereimtheiten ist wichtig für die Qualitätssteigerung.

Ein weiterer wichtiger Teil der fachlichen Prüfung ist der Cross Check. Wenn die Fachleute in der Review Änderungen vornehmen, dann schicken wir diese auch noch einmal an die Übersetzenden zur Gegenprüfung zurück. Sie korrigieren dann eventuelle Tippfehler bzw. können auch in Absprache mit den Prüfenden Terme definieren, die für zukünftige Projekte in die Termbank aufgenommen werden sollen.

Worauf sollen die Fachleute bei der fachlichen Prüfung besonders achten?

Zur besseren Übersichtlichkeit haben wir hier noch einmal eine kleine Checkliste zusammengestellt:

• Sind die fachsprachlichen und firmenspezifischen Konventionen eingehalten worden?
• Wurden die Änderungen im gesamten Dokument konsistent vorgenommen?
• Stimmen die Änderungen inhaltlich mit dem Ausgangstext überein?
• Sind die Korrekturen eindeutig und unmissverständlich formuliert?

Um sich mit den Anforderungen noch besser vertraut zu machen, bieten wir auch kurze Einschulungen zum Thema fachliche Prüfung und Globalreview an, in denen wir Ihren Mitarbeitenden die wichtigsten Informationen weitergeben. Damit machen Sie gleichzeitig einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung Qualitätssteigerung.

Fazit

Die fachliche Prüfung ist aus dem Übersetzungsprozess nicht mehr wegzudenken. Dabei sind aber eine gute Planung, eine Liste an Anforderungen sowie Schulungen und ein definierter Workflow entscheidend. So können Ihre Mitarbeitenden ihr Fachwissen zur Firmen- sowie Produktterminologie gezielt einsetzen, um die Übersetzungen optimal an Ihre Zielgruppe anzupassen. Mit ihren Kenntnissen über das Zielland sowie in ihrer Muttersprache sind Ihre Prüfenden ideal geeignet, um die fachsprachliche und technische Richtigkeit der Texte zu beurteilen. Darüber hinaus liefern sie auch wichtiges Feedback zur Qualität der Texte und unterstützen bei der Pflege der Firmenterminologie. All das spielt eine wichtige Rolle bei der Qualitätskontrolle und führt langfristig auch zu einer Qualitätssteigerung Ihrer Texte.

Interessieren Sie sich für eine fachliche Prüfung Ihrer Übersetzungen? Gerne beraten wir Sie dazu und können einen maßgeschneiderten Workflow für Sie definieren.

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